Trotz Schlafsack, Picknickdecke und diverser langer Kleidung war mir kalt, als ich morgens um 6.00 aus dem Zelt kroch - es ist halt doch ein Sommerschlafsack. Bis kurz vor St. Moritz fuhr ich im Inntal, meist auf dem Radweg. Dann fuhr ich hoch zum Berninapass. Parallel zur Straße bis zur Passhöhe auf 2300m führt eine elektrifizierte Schmalspurbahn, Europas höchstgelegene Eisenbahn. Ab 2100m geht es nur noch sanft bergan. Die Landschaft erinnert mich etwas an die norwegische Tundra, recht viel mehr als Gras wächst dort nicht mehr.
Nachdem ich auf der Passhöhe einiges gegessen hatte, ging es wieder auf 1950m hinunter. Von dort fuhr ich hoch zum Livigno-Pass. Im Gegensatz zum Berninapass ist die Straße sehr schmal, aber dennoch ganz schön befahren. Einige Gruppen an Rennradfahrern sorgten dafür, dass es zeitweise nur noch im Schritttempo aufwärts ging - nur ein paar Motorräder riskierten mal wieder waghalsige Überholmanöver. Mich wundert es kein bisschen, dass es auf den Pässen regelmäßig schwerverletzte und tote Motorradfahrer gibt! Die Abfahrt nach Livigno ist zwar nicht übermäßig steil, aber voll beladen und mit Rückenwind musste ich doch einiges wegbremsen und zwei Kühlpausen einlegen.
In Livigno gönnte ich mir zu Mittag eine Pizza - für 10€ mit Getränk kann man wirklich nichts sagen - man merkt, dass man in Italien und nicht mehr in der Schweiz is(s)t! Der weitere Straßenverlauf am Stausee auf den Damm zu führt die meiste Zeit durch Gallerien. Kurz vor dem Damm passierte ich den Grenzposten und musste 20min auf den Shuttlebus warten, der die Fahrräder durch den Tunnel transportiert - selbst fahren darf man nicht. Der 4km lange Tunnel ist einspurig mit Ampel. Er wurde als Materialzufahrt für den Stausee gebaut. Nach dem Tunnel geht es wieder hinauf zum Ofenpass auf 2050m, eine relativ unspektakuläre Auffahrt. Die Abfahrt erforderte etwas mehr Nerven bzw. Bremsabrieb, es waren zahlreiche Kehren mit Steilabfahrt, wovon ich auch einiges hinunterschob. Erst ab ca. 1700m Höhe konnte ich es wieder laufen lassen - der Gegenwind kam mir als Bremse zur Hilfe.. In Glurns kam ich ins Etschtal und erreichte wenig später den Campingplatz "Kiefernhain" in Prad am Stilfser Joch. Ich bekam gerade noch einen Zeltplatz und musste 23,50€ pro Nacht löhnen - zwar ist der Sanitärbereich moderner als in Imst, rechtfertigt aber nicht den 2,5-fachen Preis. Zum Abendessen gab es Tortellini - nicht besonders abwechslungsreich, aber bei meinem Nachbarn, einer 4-Personen-Familie mit Fahrrädern, gab es dasselbe. Immerhin hat der Platz eine extra-autofreie Zone, in der sich die ganzen Zweiradfahrer tummeln. Die Radfahrer waren beeindruckt von meiner umfassenden Kochausstattung, vor allem von dem 2,9kW-Kocher.
Gegen 21.00 mit Einbruch der Dunkelheit legte ich mich ins Zelt. Morgen möchte ich zeitig zum Stilfser Joch aufbrechen, bevor der große Motorrad-Ansturm kommt. Ähnlich wie auf der Ötztal-Runde möchte ich Zelt und Gepäck hier lassen.
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