Um 0:45 wurde ich planmäßig geweckt und hatte mein Zeug in gut 5min zusammengepackt. Doch das Schiff war nicht da. Ich hatte schon Zweifel, ob der kleine Hafen Mehamn überhaupt von jedem Schiff angefahren wird. Doch kurz nach 1:00 kam ein Mann mit Gabelstapler und öffnete die Lagerhalle - er erklärte mir, dass das Schiff durch den extremen Westwind und den Wellengang 30min verspätet war. An Bord nahm ich zielstrebig den Weg zur Sauna, doch sie ist auf der MS Midnatsol nachts außer Betrieb und wurde gerade geputzt. Immerhin gestattete mir die Putzfrau, mich heiß zu duschen, was ich dann auch ausgiebig tat. Kaum war das Schiff aus dem Hafen heraus, lief ich herum wie ein Betrunkener. Ich setzte mich auf das Sofa in einem Aufenthaltsraum und legte mich hin, da mir etwas übel war. Ich stellte mir vorsichtshalber den Wecker auf 5:30, nicht dass ich versehentlich über Honningsvag hinausfahre.
Und so schlief ich tatsächlich ein und verließ die Fähre in Honningsvag. Nach einem kleinen Frühstück startete ich gleich die Straße zum Nordkapp. Das sind zwar nur 30km, die es aber in sich haben. Erstmal geht es 350m nach oben. Damit habe ich ja kein Problem, aber es war extrem windig. Oft hatte ich Mühe, das Fahrrad gerade auf der Straße zu halten. Hinzu kommen die vielen Busse uns Wohnmobile, die bei zu geringem Seitenabstand zunächst den Seitenwind blocken, sodass man auf das überholende Fahrzeug zukommt. Ist der Windschatten vorbeigefahren, bin ich mehrfach fast in den Straßengraben nach rechts geblasen worden. Während sich die einheimischen Busfahrer dieses Problems voll bewusst sind und sehr rücksichtsvoll überholen, sind viele mitteleuropäische Wohnmobile aus Unwissenheit die größere Gefahr für mich.
Abgesehen davon, dass Radfahrer nun freien Eintritt haben, hat sich gegenüber 2010 nicht so viel geändert. Ich schaute mir den 3D-Film an, ging vor an die Nordspitze, schaute mir einige Infotafeln an und machte Brotzeit (bis mir ein "Wächter" sagte, dass dies innen nicht gestattet ist, war ich schon mit dem Essen fertig... komisch ist nur dass innen auch einiges an Essen verkauft wird, das dann wohl auch draußen verzehrt werden musss...). Trocken war es schon auf der ganzen Herfahrt, jetzt kam sogar die Sonne hervor. Der Rückweg war deutlich einfacher, doch es gab jede Menge an Seitenwind. In Honningsvag kaufte ich ein. Danach ist es deutlich leichter zu fahren, da die Straße hier geschützter verläuft. Der 4,4km lange Honningsvag-Tunnel ist eine regelrechte Wohltat. Er ist eben und hat eine bis nach außen geteerte Fahrbahnfläche ohne Randstein, sodass ich bequem den Seitenstreifen nutzen konnte. Selbst der 7km lange und 212m tiefe Unterseetunnel zum Festland war ein Kinderspiel im Verleich zu dem Wind in den Hochebenen. Hier ist jedoch der Randstein genau so gesetzt, dass der Gehweg zu schmal zum Fahren ist, man muss also auf der normalen Straße fahren. Von dem Höllenkrach der Deckenventilatoren wusste ich noch von meiner letzten Fahrt. Aber abgesehen von ihrer Lautstärke sind sie ja harmlos - schließlich bin ich mir bewusst, dass sie mir nur Gutes wollen, d. h. Frischluft zuführen.
Unmittelbar nach dem Nordkapptunnel fand ich etwas abseits der Straße einen schönen und windgeschützten Platz zum Zelten. 20m neben mir zeltete ein Ehepaar aus Finnland.
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