Um 4.30 wachte ich auf, unter mir fühlte es sich so schwabbelig an, wie wenn Wasser unter mir wäre. Ich verließ das Zelt und stellte fest, dass der Fluss soweit gestiegen war, dass das Zelt bereits tatsächlich 10cm unter Wasser war. Ein wenig Wasser war auch schon ins Innenzelt bereits eingedrungen. Ich nahm sofort die Taschen aus dem Vorzelt und trug sie hoch zum Radweg. Dann nahm ich das Zeug aus dem Innenzelt, schleppte es hoch. Dann kam das Zelt selbst und zuletzt mein Fahrrad , das an der Tischgarnitur bereits 30cm unter Wasser stand. Doch man kann von Glück im Unglück reden. Abgesehen von einem Zelthäring hatte ich nichts verloren. Mein Schlafsack war weitgehend trocken geblieben und bei meiner Isomatte war nur die Unterseite nass. Die Packtaschen sind offenbar völlig wasserdicht und mein Handy hatte ich gestern vor Müdigkeit nicht mehr an meine Powerbank gesteckt, so dass die gesamte empfindliche Elektronik sicher in den Taschen verstaut war. Ich schlief nochmal ein, und stand gegen 8 Uhr auf. Das Bild, das sich bot, war erschreckend: von der Tischgarnitur war nichts mehr zu sehen und das Wasser stand in etwa bis 1m unter der Deichkrone. Die Stelle, an der ich das Zelt stehen hatte, war nun mehr als zwei Meter hoch mit Wasser überflutet. Zum Glück kam die Sonne hervor und ich konnte alles problemlos trocknen. Die schwarzen Seiten der Tasche dampften regelrecht. Kurz vor 10 Uhr kam ich los. Einen Kilometer weiter standen ebenfalls zwei Zelte direkt auf der Deichkrone. Diese beiden Radfahrer hatten genau das gleiche Schicksal wie ich. Auch sie waren nachts von der Flut überrascht worden. Außerdem standen Feuerwehrautos am Deich, denn er war etwas unterspült. Die Feuerwehrmänner sagten mir, dass es ein derartiges Hochwasser nur etwa einmal im Jahr gebe. Es war an dieser Stelle schon länger geplant, den Deich mit Beton zu schtützen. Doch wie so oft wurde dann genau wieder an dieser Stelle gespart. Wenig später stieß ich auf ein E-Bike mit Anhänger. Der Mann hieß Valentin und war von Füssen zum Gardasee unterwegs. Wir kamen gleich ins Gespräch und fuhren gemeinsam weiter. Leider war die Weiterfahrt etwas kompliziert, da der Radweg wegen Hochwasser über eine längere Strecke gesperrt war. Und so ging es über zahlreiche Nebenstraßen weiter nach Süden. Der Radfahrer aus Füssen war mir sehr dankbar um meine Ortskunde, er meinte, dass er ohne mich nicht zum Ziel gekommen wäre. Im Trento lädt er mich deshalb auf einen Cappuccino ein. Eigentlich hätte ich hier Richtung Bassano abbiegen müssen, aber da ich reichlich Zeit hatte, entschied ich mich für die Weiterfahrt bis Rovereto. Wir tauschten unsere Kontaktdaten aus und teilen uns. Er fuhr weiter nach Riva di Garda, ich in die Berge nach Osten. Zunächst nahm ich den falschen Weg in Richtung Passo Fugazze. Doch dann erkannte ich, dass es keine asphaltierte Verbindung hinüber nach Levico gibt. Also ging es wieder hinunter nach Rovereto und anschließend auf die richtige Straße Richtung Montagnolo und Passo Somma. Die Straße ist sehr steil und kurvenreich, aber es ist so gut wie kein Verkehr. Leider zog von Westen her ein Gewitter auf und es war nur eine Frage der Zeit, bis es richtig zu regnen beginnt. Kurz vor Montagnolo fand ich eine Einfahrt zu einer gemähten Wiese. Zufällig war dort gerade ein Imker tätig, den ich gleich um Erlaubnis fragen konnte. Auch wenn ich nicht alles verstand, was er sagte, so war jedoch deutlich, dass ich dort mein Zelt problemlos aufbauen konnte. Bei gerade einsetzendem Regen konnte ich noch das Zelt aufstellen und mich anschließend mit Hilfe des Regens und einer Wasserflasche abduschen. Nachdem das Ende des Regens noch nicht in Sicht war, koche ich mir meine Tortellini mit Käse-Sahne-Soße im Zelt. Doch kaum war ich mit Essen fertig, hörte der Regen auf. Vor mir lag die wohl bisher ruhigste Nacht. Es gab keine Autobahn, keine Eisenbahn, keine Hochwassergefahr und keine anderen Camper in meiner Umgebung.
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